Regulatorischer Leitfaden für Behandlungseinheiten, Systeme, IVD-Kits und konfigurierbare Produkte
Wenn Sie in den EWR-Ländern oder der Schweiz Sets verpacken und verkaufen, die Medizinprodukte oder In-vitro-Diagnostika (IVD) enthalten, müssen Sie mit den regulatorischen Begriffen “Behandlungseinheit” (Procedure Pack), “System”, “Kit” und “konfigurierbares Produkt” vertraut sein.
Wichtige Erkenntnisse:
- Unternehmen, die Sets von CE-gekennzeichneten Produkten verpacken und in Verkehr bringen, können Produzenten von Behandlungseinheiten/Systemen oder sogar IVD-Hersteller sein. Vergewissern Sie sich, dass Sie Ihre Rolle überprüfen und die Auswirkungen verstehen.
- “Convenience Kit” ist kein rechtlicher Begriff. Solche Kits können einer “Behandlungseinheit” oder “System”, einem “IVD-Kit” oder einem eigenständigen Medizinprodukt entsprechen.
- Die Begriffe “Behandlungseinheit” und “System” werden seit jeher missverstanden und uneinheitlich angewandt. Die EU-MDR hat zwar eine Klärung geliefert, mit dem Begriff “konfigurierbares Produkt” jedoch eine neue Quelle potenzieller Verwirrung geschaffen.
Inhalt
Was sind “Behandlungseinheiten” und “Systeme”?
Eine Behandlungseinheit oder ein System liegt gemäss Art. 22 Abs. 1 der Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte (EU-MDR) dann vor, wenn ein Unternehmen ein CE-gekennzeichnetes Produkt in Kombination mit einem der unten aufgeführten Produkte verkauft:
- Ein anderes CE-gekennzeichnetes Produkt, und/oder
- ein In-vitro-Diagnostika (IVD), die nach der Verordnung (EU) 2017/746 (IVDR) CE-gekennzeichnet sind, und/oder
- ein anderes Produkt, das mit den geltenden Rechtsvorschriften konform ist. (Dies gilt nur, wenn das Produkt im Rahmen eines medizinischen Verfahrens verwendet wird oder seine Verwendung anderweitig begründet ist.)
Da es keine Einschränkungen gibt, was “andere Produkte” sein können, kann es sich auch um einfache Verbrauchsgüter handeln (z.B. einen Koffer). Wenn jedoch ein Hersteller ein Nicht-Medizinprodukt speziell für die Verwendung mit einem bestimmten Medizinprodukt vorsieht (z.B. eine Schutzhülle oder ein Koffer, der speziell für den Transport eines bestimmten Medizinprodukts konzipiert ist), dann entspricht es einem “Zubehör eines Medizinprodukts” im Sinne von EU-MDR Art. 2 Abs. 2, und muss mit der CE-Kennzeichnung versehen werden.
Die Begriffe Behandlungseinheit und System werden häufig missverstanden. Im Besonderen:
- Eine Behandlungseinheit ist nach EU-MDR Art. 2 Abs. 10: “… eine Kombination von zusammen verpackten und in Verkehr gebrachten Produkten, die zur Verwendung für einen spezifischen medizinischen Zweck bestimmt sind;”
Beispiele sind Erste-Hilfe-Kits, Kieferorthopädie-Kits, Hauttraktions-Kits oder chirurgische Instrumenten-Kits für das Einsetzen von Implantaten.
Behandlungseinheiten sollen die Verwaltung von Medizinprodukten vereinfachen, die für einen chirurgischen oder therapeutischen Eingriff benötigt werden. Sie bieten dem medizinischen Personal Vorteile in der Vorbereitung, zur Vermeidung von Kontaminationen und Verpackungsmüll. Häufig enthalten sie Einwegprodukte und/oder chirurgisch wiederverwendbare Instrumente.
- Ein System ist nach EU-MDR Art. 2 Abs. 11: “… eine Kombination von Produkten, die zusammen verpackt sind oder auch nicht und die dazu bestimmt sind, verbunden oder kombiniert zu werden, um einen spezifischen medizinischen Zweck zu erfüllen;”
Beispiele sind Röntgengeräte oder Computertomographen, obwohl auch diese einem konfigurierbaren Produkt entsprechen können. Siehe “Was ist ein “konfigurierbares Produkt”?“.
Ein vollständig verpacktes System unterscheidet sich von einer Behandlungseinheit durch seinen Zweck, nämlich die Zusammenschaltung für eine wiederholte Verwendung anstelle eines einzelnen chirurgischen oder therapeutischen Eingriffs. Die regulatorischen Anforderungen für Systeme sind praktisch die gleichen wie für Behandlungseinheiten.
Umfasst eine Behandlungseinheit oder ein System ein nicht CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt, so ist das Produkteset gemäss Art. 22 Abs. 4 der EU-MDR als eigenständiges Medizinprodukt zu behandeln, das eine CE-Kennzeichnung benötigt. Die für das Inverkehrbringen solcher Produktesets verantwortliche Stelle übernimmt folglich die Verpflichtungen eines legalen Herstellers.
Liefert ein Händler oder Importeur auf Anfrage eines Kunden ein Produkteset, einschliesslich CE-gekennzeichneter Produkte, so handelt es sich nicht um eine Behandlungseinheit oder ein System, ausser der Händler/Importeur hat dieses Set “in Verkehr gebracht” oder schreibt ihm einen bestimmten medizinischen Verwendungszweck zu. Die folgenden Beispiele sind im Leitfaden MDCG 2018-3 aufgeführt:
- a distributor supplies, upon request of a client, in one shipment, sterile tweezers, a sterile needle and surgery gloves,
- multi-device surgical sets composed of individual devices delivered in trays for replenishment and sterilization for the request and for convenience of the healthcare provider and the healthcare system.
Ist ein “System” in der Norm IEC 60601-1 dasselbe wie ein “System” in der EU-MDR?
Da die in internationalen Normen verwendete Terminologie nicht unbedingt mit den Definitionen in der EU-MDR oder IVDR übereinstimmt, entsteht oft Verwirrung.
Die Norm IEC 60601-1 über die allgemeinen Anforderungen für die Sicherheit und die grundlegenden Leistungsmerkmale medizinischer elektrischer Geräte (ME) definiert medizinische elektrische Systeme als „Kombination von einzelnen Geräten, wie vom Hersteller festgelegt, von denen mindestens eines ein ME-Gerät sein muss und die durch eine Funktionsverbindung oder durch den Gebrauch einer Mehrfachsteckdose zusammengeschlossen sind.“
Der Begriff “System” soll alle Teile umfassen, die bei einem medizinischen Gerät, das mit Strom betrieben wird, miteinander verbunden sind (z.B. Netzstecker, Netzkabel, Netzadapter) und daher als Einheit auf elektrische Sicherheit geprüft werden müssen.
Aus Sicht der EU-MDR sind diese Teile in der Regel Bestandteile des elektromedizinischen Produkts, auch wenn sie abnehmbar oder austauschbar sind (z.B. im Falle unterschiedlicher Netzteile für verschiedene Regionen). Der Hersteller kann sich jedoch dafür entscheiden, sie als “Zubehör” gemäss EU-MDR Art. 2 Abs. 2 zu betrachten. In diesem Fall würden sie als separate Produkte gelten, die eine CE-Kennzeichnung benötigen. Ihre Kombination mit dem elektromedizinischen Hauptprodukt würde zu einem “System” gemäss EU-MDR Art. 2 Abs. 10.
Beachten Sie, dass in der IEC 60601-1 eine andere Definition von “Zubehör” existiert.
Wie sieht es mit betriebsinternen Kombinationen von Medizinprodukten aus?
Die Kombination von CE-gekennzeichneten Medizinprodukten durch einen Anwender oder eine Gesundheitseinrichtung stellt kein “Inverkehrbringen” dar, wenn die Kombination in Übereinstimmung mit den von den entsprechenden Produktherstellern angegebenen Spezifikationen und mit der beabsichtigten Verwendung der kombinierten Produkte erfolgt. Die daraus resultierende Kombination ist weder eine Behandlungseinheit noch ein System.
Umgekehrt stellt die Kombination von Medizinprodukten (einschliesslich In-vitro-Diagnostika, IVD) eine Herstellung dar, wenn die Interoperabilität und/oder Zusammenschaltung von den jeweiligen Produktherstellern nicht vorgesehen ist und wenn die Leistungsmerkmale möglicherweise nicht miteinander kompatibel sind. In diesem Fall übernimmt der Anwender oder die Gesundheitseinrichtung die volle Verantwortung als Hersteller eines neuen, hauseigenen Medizinprodukts. Diese werden durch Art. 5 Abs. 5 der EU-MDR bzw. IVDR geregelt, sofern die resultierende Kombination nicht an eine andere juristische Person weitergegeben wird.
Sind Kombinationsprodukte aus Arzneimittel und Medizinprodukt “Behandlungseinheiten”?
Ein Kit von Arzneimittel und Medizinprodukten kann entweder unter die Rechtsvorschriften für Medizinprodukte oder für Arzneimittel fallen. Es kommt auf den (primären oder ergänzenden) Verwendungszweck des Arzneimittels und den Grad der Integration beider Teile in das resultierende Kombinationsprodukt an.
Wird ein CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt zusammen mit einem Arzneimittel verpackt, so entspricht dies in der Tat einer Behandlungseinheit gemäss Art. 22 der EU-MDR, vorausgesetzt, das Medizinprodukt bildet kein untrennbares Produkt mit dem Arzneimittel.
«Zusammen verpackte Produkte unterscheiden sich von sogenannten Kombinationsprodukten, die ein “untrennbares” Produkt bilden.»
In seinem Reflexionspapier vom Dezember 2019 sprach sich die European Federation of Pharmaceutical Industry and Associations (EFPIA) nachdrücklich dagegen aus, zusammen verpackte Arzneimittel als “andere Produkte” im Sinne von Art. 22 Abs. 1 der EU-MDR zu betrachten. Das Argument war, dass der Hauptzweck darin besteht, die Kompatibilität zwischen den gemeinsam verpackten Produkten zu gewährleisten, und dass eine solche Kompatibilität bereits im Rahmen des Antrags auf Arzneimittelzulassung gefordert wird. Allerdings zielt die EU-MDR Art. 22 darauf ab, die Sicherheit der Patientinnen und Patienten in allen Situationen zu gewährleisten, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein solches Co-Packaging nicht unbedingt von einem pharmazeutischen Unternehmen durchgeführt wird.
Zusammen verpackte Produkte unterscheiden sich von sogenannten Kombinationsprodukten, die ein “untrennbares” Produkt bilden, wie in der EU-MDR Art. 1 Abs. 9 beschrieben. Zum Beispiel: Vorgefüllte (nicht wiederaufladbare) Spritzen oder Pflaster für die transdermale Hormontherapie. Diese fallen unter das Arzneimittelrecht (d.h. die Richtlinie 2001/83/EG oder die Verordnung (EG) Nr. 726/2004) und unterliegen daher nicht der EU-MDR, Art. 22.
Was ist ein “konfigurierbares Produkt”?
Dieses Konzept kann leicht übersehen werden, da es nur in Anhang VI der EU-MDR auftaucht, in dem die verschiedenen Optionen für die Zuweisung der Unique Device Identifier (UDI) an ein Medizinprodukt beschrieben werden.
Ein konfigurierbares Produkt ist definiert als: “ein Produkt, das aus mehreren Komponenten besteht, die vom Hersteller in unterschiedlichen Konfigurationen zusammengefügt werden können. Diese einzelnen Komponenten können für sich genommen Produkte sein”.
Daraus ergibt sich eine Reihe möglicher Konfigurationen, die jeweils einer bestimmten Kombination von Bestandteilen entsprechen, die vom Hersteller für das Zusammenwirken als Produkt zur Erreichung eines bestimmten Zwecks vorgesehen sind. Der Hersteller kann die Kombination von Bestandteilen ändern, anpassen oder individuell gestalten, um bestimmte Anforderungen zu erfüllen.
«Bei einem “System” können die verschiedenen Bestandteile getrennt auf den Markt kommen.»
Beispiele für “konfigurierbare Produkte”, die in Anhang VI, Teil C, Abschnitt 1 der EU-MDR zusammen mit der Definition aufgeführt werden, sind
- Computertomografiesysteme (CT),
- Ultraschallsysteme,
- Anästhesiesysteme,
- physiologische Überwachungssysteme und
- Radiologie-Informationssysteme (RIS).
Um eine mögliche Verwechslung zwischen einem “System” und einem “konfigurierbaren Produkt” zu vermeiden, ist es wichtig zu verstehen, dass das Konzept des “konfigurierbaren Produkts” nur in der EU-MDR für UDI-Zwecke eingeführt wurde. Bei einem konfigurierbaren Produkt werden alle potenziellen Artikel, die in den verschiedenen möglichen Konfigurationen enthalten sind, zusammen betrachtet, und die UDI wird nur auf der Ebene des “konfigurierbaren Produkts” zugewiesen, sofern die einzelnen Artikel nicht separat verkauft werden. Noch wichtiger ist, dass bei einem konfigurierbaren Produkt die Komponenten “vom Hersteller zusammengebaut” werden und die Konfiguration als solche die Produktion als Einheit verlässt. So kann beispielsweise eine “Konfiguration” eines Anästhesiesystems verschiedene Beatmungsgeräte, Beatmungsschläuche und Verdampfer umfassen. Bei einem “System” hingegen können die verschiedenen Bestandteile getrennt auf den Markt kommen und sogar von verschiedenen Herstellern stammen.
Was ist ein IVD-“Kit”?
Ein Kit ist gemäss Art. 2 Abs. 11 der Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR):
“eine Gruppe von zusammen verpackten Komponenten, die zur Verwendung für die Durchführung einer spezifischen In-vitro-Untersuchung bestimmt sind, oder einen Teil davon.”
“Kits” sind in der Definition von IVDs enthalten. Als solches muss ein IVD-Kit gemäss der IVDR mit der CE-Kennzeichnung versehen werden, und das Unternehmen, das das IVD-Kit in Verkehr bringt, wird zum IVD-Hersteller.
Zum Beispiel:
- Ein Kit zur Isolierung und Reinigung von Nukleinsäuren aus menschlichen Proben, das verschiedene Reagenzien und Lösungen enthält, ist als solches ein Produkt der Klasse A gemäss IVDR-Klassifizierungsregel 5.
- Ein Selbsttest-Kit zum Nachweis von SARS-CoV-2, das einen Tupfer zur Probenentnahme, ein Reagenz und den Antigen-Schnelltest enthält, ist als solches ein Produkt der Klasse D gemäss der IVDR-Klassifizierungsregel 1.
Die Komponenten eines IVD-Kits können auch Medizinprodukte enthalten. Und sie können einem “Zubehör für IVDs” im Sinne der IVDR Art. 2 Abs. 2 entsprechen, wenn sie es ermöglichen, die IVDs in ihrer Zweckbestimmung zu verwenden.
Für die Unterscheidung zwischen einem IVD-Kit und einer Behandlungseinheit, die IVDs enthält, ist die primäre Zweckbestimmung des Kits ausschlaggebend.
Kapitel 1.6 der alten MEDDEV 2.14/1 Rev. 2 über Abgrenzungsaspekte zwischen IVDs und Medizinprodukten (eine analoge Anleitung unter der EU-IVDR ist im neuen Manual on Borderline and Classification nicht verfügbar) sagt: “Die Einstufung entweder als ‘Verfahrenspackung’ gemäss MDD oder als ‘Kit’ gemäss IVDD sollte auf dem Hauptzweck der gesamten Produktkombination beruhen”. Diese Unterscheidung kann von den verschiedenen Interessengruppen unterschiedlich interpretiert werden. Im Zweifelsfall sollten Unternehmen, die IVDs zu Behandlungseinheiten hinzufügen, ihre zuständige Behörde konsultieren.
Wer ist der Produzent von Behandlungseinheiten und Systemen und was sind seine Aufgaben?
Jede natürliche oder juristische Person, die CE-gekennzeichnete Produkte mit anderen Produkten (inkl. anderer CE-gekennzeichneter Produkte oder IVDs) kombiniert, ist “Produzent” von Behandlungseinheiten oder Systemen. Der Begriff “Produzent” wurde im Leitfaden MDCG 2018-3 zu den Regeln für die Zuweisung einer eindeutigen Produktkennung (Unique Device Identifier, UDI) für Behandlungseinheiten/Systeme definiert.
Gemäss der EU-MDR muss der Produzent von Behandlungseinheiten/Systemen:
- Eine Erklärung abgeben gemäss EU-MDR Art. 22 Abs. 1 und nachweisen, dass die Vorschriften erfüllt sind. Siehe “Was ist eine Erklärung zu Behandlungseinheiten und Systemen?”
- Die Behandlungseinheit bzw. das System mit einer Basis-UDI und UDI-DI kennzeichnen, gemäss EU-MDR Anhang VI, Teil C 6.3 und 3.7, unter Berücksichtigung des Leitfadens MDCG 2018-3.
- Sich in EUDAMED als Produzent von Behandlungseinheiten/Systemen registrieren und eine für diese Rolle geltende einheitliche Registrierungsnummer (SRN) erhalten.
- Sobald das UDI-Modul betriebsbereit ist, die Behandlungseinheit/System in EUDAMED registrieren, gemäss EU-MDR Art. 29 Abs. 2 und MDCG 2018-3. In der Zwischenzeit gelten stattdessen die nationalen Anforderungen an die Registrierung bei den örtlich zuständigen Behörden.
- Spezifische Kennzeichnung unter Berücksichtigung der Mindestangaben gemäss EU-MDR Art. 22 Abs. 5, d.h.:
- Name der Behandlungseinheit/System.
- Name und Anschrift des Produzenten der Behandlungseinheit/System.
- Liste der Bestandteile der Behandlungseinheit/System. (Entweder auf dem Etikett oder in den Begleitdokumenten. Eine Behandlungseinheit/System darf niemals selbst eine zusätzliche CE-Kennzeichnung tragen, aber bei der Auflistung von Medizinprodukten oder IVD-Komponenten muss deren entsprechende CE-Kennzeichnung eindeutig angegeben werden.)
- Behandlungseinheit/System-Losnummer.
- UDI-PI für die Behandlungseinheit/System.
- Verfallsdatum, basierend auf der am kürzesten datierten Komponente innerhalb der Behandlungseinheit/System, falls zutreffend.
- Bei einer Behandlungseinheit/System, das sterile und nicht sterile Komponenten enthält, Informationen über die Verpackung, die den sterilen Zustand des Produkts aufrechterhält.
Der Produzent von Behandlungseinheiten/Systemen muss kein Qualitätsmanagementsystem (QMS) führen, wie dies ein Hersteller von Medizinprodukten tun muss. Dennoch sind einige QMS-Verfahren erforderlich, insbesondere um die korrekte Kombination der Komponenten sicherzustellen (z.B. Überprüfung der Kompatibilität gemäss den Spezifikationen oder Anweisungen der jeweiligen Hersteller).
«Für Produzenten von Behandlungseinheiten oder Systemen ausserhalb des EWR, ist kein EU-Bevollmächtigter erforderlich.»
Ein weiteres Umpacken oder Umetikettieren von CE-gekennzeichneten Produkten einer Behandlungseinheit, z.B. durch die Bereitstellung von Übersetzungen der Gebrauchsanweisungen oder durch das Entfernen der Sekundärverpackung eines CE-gekennzeichneten Produkts, kann zusätzliche Anforderungen an den Produzenten der Behandlungseinheit nach sich ziehen. Zwei Optionen sind möglich:
- Wenn solche Tätigkeiten im Rahmen einer Vereinbarung mit dem legalen Hersteller des Originalprodukts durchgeführt werden, bleibt der PP-Produzent ein Unterauftragnehmer, und die Tätigkeiten fallen unter die Kontrolle des Produktherstellers, und EU-MDR Art. 16 Abs. 2, 3 und 4 finden keine Anwendung. Dies wurde im Leitfaden MDCG 2021-26 zur Umetikettierung und Umverpackung klargestellt.
- Wenn der Produzent einer Behandlungseinheit die Umetikettierung oder das Umpacken selbst vornimmt, so muss er gemäss EU-MDR Art. 16 Abs. 3 und 4:
- Die durchgeführten Aktivitäten auf dem Behandlungseinheit-Etikett angeben. Zu diesem Zweck wurden Symbole für das Umetikettieren und Umverpacken geschaffen, die in die Norm EN ISO 15223-1 integriert sind.
- Die QMS-Anforderungen für die durchgeführten Aktivitäten zur Umetikettierung/Umverpackung erfüllen. Dies beinhaltet die Erlangung eines Zertifikats von einer Benannten Stelle. Das Leitfaden MDCG 2021-23 enthält Einzelheiten über das erwartete QMS und den Zertifizierungsprozess.
- Das Inverkehrbringen des umetikettierten/umverpackten Produkts mindestens 28 Tage im Voraus dem betreffenden Produkthersteller sowie den Behörden der betroffenen Länder melden.
Für Produzenten von Behandlungseinheiten/Systemen, die ausserhalb des EWR ansässig sind, ist kein EU-Bevollmächtigter erforderlich. Jedoch sollten Hersteller von CE-gekennzeichneten Produkten ausserhalb des EWR, deren Produkte Teil einer Behandlungseinheit/System sind, aber auch separat verkauft werden können, einen EU-Bevollmächtigten für diese Produkte benannt haben. Beachten Sie, dass die Situation in der Schweiz anders ist.
Die Anforderungen an die Vigilanz und die Überwachung nach dem Inverkehrbringen für Behandlungseinheiten/Systeme im EWR müssen im Rahmen eines künftigen Leitfadens der MDCG noch geklärt werden. Grundsätzlich sollte zwischen dem Produzent der Behandlungseinheit/des Systems und den Herstellern der CE-gekennzeichneten Produkte eine Kommunikation über etwaige Kundenbeschwerden oder Sicherheitsprobleme stattfinden, die sich aus der Verwendung der Produkte ergeben.
Können Behandlungseinheiten und Systeme im Rahmen der EU-MDR den Status “Legacy-Produkt” erhalten?
Ja.
Dies ist in den Übergangsbestimmungen von Artikel 120 der EU-MDR nicht vorgesehen, wurde aber im Leitfaden MDCG 2021-25 über Legacy-Produkte im Rahmen der EU-MDR klargestellt, in dem es heisst: “It appears logical to apply the transition period also to systems and procedure packs consisting only of ‘legacy devices’ and for which a declaration has been drawn up in accordance with the MDD prior to 26 May 2021. In such cases, Article 22 MDR does not apply.”
Kurz gesagt: Solange alle Medizinprodukte in einer Behandlungseinheit bzw. einem System noch nach den alten Richtlinien CE-gekennzeichnet sind, unterliegt die resultierende Behandlungseinheit bzw. System weiterhin dem weniger anspruchsvollen Artikel 12 der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (MDD).
Darüber hinaus wird in der MDCG 2021-25 darauf hingewiesen, dass Art. 16 Abs. 3 und 4 der EU-MDR, die sich auf die Pflichten von Unternehmen beziehen, die Produkte umetikettieren oder neu verpacken, nicht für Legacy-Produkte gelten.
Weitere Informationen zu “Legacy-Produkten” finden Sie in unserem Blog-Artikel “Legacy”- Medizinprodukte und -IVDs nach EU-Recht.
Was ist eine Erklärung zu Behandlungseinheiten und Systemen?
Der Produzent von Behandlungseinheiten/Systemen muss eine Erklärung abgeben. Laut EU-MDR Art. 22 Abs. 2 muss aus dieser Erklärung hervorgehen, dass der Produzent:
- die gegenseitige Vereinbarkeit der Medizin- und gegebenenfalls sonstigen Produkte entsprechend den Hinweisen der Hersteller geprüft und ihre Tätigkeiten entsprechend diesen Hinweisen durchgeführt hat.
- das System oder die Behandlungseinheit verpackt und die einschlägigen Benutzerhinweise angegeben hat, unter Einbeziehung der Informationen, die vom Hersteller der Medizin- und sonstigen zusammengestellten Produkte bereitzustellen sind.
- die Zusammenstellung von Medizin- und sonstigen Produkten zu einem System oder einer Behandlungseinheit unter Anwendung geeigneter Methoden der internen Überwachung, Überprüfung und Validierung vorgenommen hat.
Eine Vorlage für eine Erklärung kann einfach durch Kopieren der oben genannten Punkte erstellt werden, die für die Behandlungseinheit oder das System gelten. Der Produzent der Behandlungseinheit/des Systems sollte den Nachweis für die Einhaltung der Vorschriften führen.
«Der Produzent von Behandlungseinheiten oder Systemen muss eine Erklärung abgeben.»
Bei “Legacy”-Behandlungseinheiten oder -Systemen folgt die Erklärung Art. 12 Abs. 2 der MDD, der einen sehr ähnlichen Inhalt vorschreibt, mit der Ausnahme, dass die auf die Kombinationstätigkeiten gemäss der MDD angewandten Methoden nur die interne Kontrolle und Inspektion abdecken müssen.
Die Erklärung ist nach der Zusammenstellung der Behandlungseinheit oder des Systems für die zuständigen Behörden bereitzuhalten, und zwar für den längsten Zeitraum, der gemäss Art. 10 Abs. 8 der EU-MDR für die Medizinprodukte gilt.
Welche Anforderungen gelten für die Sterilisation von Behandlungseinheiten?
Jedes Unternehmen, das Behandlungseinheiten oder Systeme sterilisiert, muss von einer Benannten Stelle eine Zertifizierung für die Sterilisationstätigkeiten erhalten. Die Intervention der Benannten Stelle beschränkt sich jedoch auf die Aspekte des Verfahrens, die sich auf die Erlangung der Sterilität beziehen, bis die Sterilverpackung geöffnet oder beschädigt wird.
Die Zertifizierung der Benannten Stelle ist gemäss EU-MDR Art. 22 Abs. 3 vorgeschrieben und muss nach einem der Verfahren in EU-MDR Anhang IX oder Teil A von Anhang XI erfolgen. Dieses Verfahren gilt auch für Unternehmen, die Behandlungseinheiten/Systeme sterilisieren, die nur “Legacy”-Produkte nach dem 26. Mai 2021 (Datum des Inkrafttretens der EU-MDR) enthalten. Dies gilt trotz einer entsprechenden Anforderung gemäss MDD Art. 12 Abs. 3, da die Benannten Stellen keine Bescheinigungen gemäss der MDD mehr ausstellen können.
Das Unternehmen, das die Sterilisation von Behandlungseinheiten oder Systemen durchführt, muss eine Erklärung abgeben, woraus hervorgeht, dass die Sterilisation gemäss den Anweisungen der Hersteller durchgeführt wurde. Dies kann besonders kompliziert werden, wenn die Behandlungseinheit ein Arzneimittel und ein Medizinprodukt enthält und die Anweisungen der jeweiligen Hersteller nicht übereinstimmen.
Welche zusätzlichen oder anderen Anforderungen gelten in der Schweiz?
Die Schweizer Medizinprodukteverordnung (SR 812.213, MepV) und die In-vitro-Diagnostika-Verordnung (SR 812.219, IvDV) folgen grundsätzlich der MDR bzw. IVDR der EU.
Zwei wesentliche Aspekte unterscheiden sich jedoch in der Schweiz in Bezug auf Behandlungseinheiten und Systeme:
- Für Hersteller von Behandlungseinheiten/Systemen, die nicht in der Schweiz ansässig sind, ist die Benennung eines Schweizer Bevollmächtigten (CH-REP) Pflicht gemäss MepV Art. 51 Abs. 5. Nach dem 31. Juli 2023 müssen die Angaben des CH-REP auf dem Etikett angegeben werden.
- Produzenten von Behandlungseinheiten/Systemen haben eine Vigilanzpflicht und müssen in der Schweiz vorkommende, schwerwiegende Zwischenfälle sowie in der Schweiz durchgeführte Sicherheitskorrekturmassnahmen der zuständigen Schweizer Behörde Swissmedic melden gemäss MepV Art. 66 Abs. 1. Bei ausländischen Produzenten von Behandlungseinheiten/Systemen muss der CH-REP sicherstellen, dass die Meldepflichten erfüllt werden.
Im Rahmen unserer Beratungstätigkeit beobachten wir ein zunehmendes Interesse von Swissmedic an Unternehmen, die Behandlungseinheiten und IVD-Kits zur Eigenanwendung in der Schweiz anbieten. Es ist daher empfehlenswert, sich eingehend mit den Auswirkungen des Verkaufs von Medizinproduktesets mit oder ohne IVDs in diesem Land zu befassen.
Wie Decomplix helfen kann
Decomplix bietet Beratungsdienstleistungen in allen regulatorischen und qualitätssichernden Fragen im Zusammenhang mit Medizinprodukten. Wir verfügen über interne Experten und ein Netzwerk erstklassiger Partner.
Wir können Ihr Unternehmen dabei unterstützen, alle Anforderungen für Behandlungseinheiten, Systeme oder IVD-Kits zu erfüllen und die Einhaltung der Vorschriften auf die effizienteste Weise sicherzustellen. Wenn Sie Ihre Bedürfnisse mit uns besprechen möchten, kontaktieren Sie uns bitte für ein unverbindliches Angebot.
Darüber hinaus bieten wir Dienstleistungen als Schweizer Bevollmächtigter sowohl nach MepV als auch IvDV an und vertreten bereits zahlreiche ausländische Hersteller. Unsere Dienstleistungen umfassen Anleitungen und Checklisten, damit Sie die geltenden Anforderungen verstehen. Wenn Sie sich für die Dienstleistungen als CH-REP interessieren, nehmen Sie bitte über dieses Formular Kontakt mit uns auf.
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