Warum alle Akteure in der Lieferkette von Medizinprodukten die Konformität verbessern sollten

Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika (IVD) unterliegen in Europa strengeren Vorschriften und Kontrollen gemäss EU-MDR und IVDR, da die Regulierungsbehörden auf eine Reihe von Skandalen mit fehlerhaften Produkten reagiert haben.
In der Schweiz gelten analoge gesetzliche Bestimmungen für die  Compliance. Die zuständige nationale Behörde Swissmedic überwacht den Schweizer Markt aktiv auf Konformität. Alle Wirtschaftsakteure in der Schweiz sind davon betroffen und müssen die Auswirkungen verstehen.

Ersetzt die Version vom 29.08.2019

Wichtige Erkenntnisse

  • Die Medtech-Branche hält die Konformität mit der EU-MDR und insbesondere der IVDR für sehr kostspielig. Viele dieser Anforderungen galten jedoch bereits unter dem früheren Rechtsrahmen. Aufgrund unzureichender Durchsetzung wurden sie oft übersehen. Nun müssen Hersteller, Importeure, Händler und Gesundheitseinrichtungen Anstrengungen unternehmen, um die Lücken zu schliessen.
  • Unangemessene Ressourcen – hauptsächlich mangelnde aktuelle und ausreichende Kenntnisse der regulatorischen Anforderungen –, Selbstzufriedenheit sowie das Ignorieren der Kosten bei schlechter Qualität, Sicherheit oder Leistung sind die Hauptgründe, warum Hersteller immer noch Probleme mit den Anforderungen und Kontrollen gemäss EU-MDR und IVDR haben.
  • Im Rahmen ihrer Marktüberwachungsaktivitäten führt Swissmedic in der Schweiz Schwerpunktkampagnen durch, um Nichtkonformitäten zu identifizieren und das Bewusstsein für die Pflichten der Wirtschaftsakteure zu schärfen. Wenn Sie Produkte auf dem Schweizer Markt in Verkehr bringen, müssen sie auf solche Kontrollen vorbereitet sein.
  • Swissmedic kann Unternehmen bei Verstössen gegen regulatorische Vorschriften mit Geldstrafen belegen oder strafrechtlich verfolgen. Die Strafen sind bei vorsätzlichen Straftaten oder Vergehen höher (bis zu 10 Jahre Freiheitsentzug) und niedriger, wenn sie auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sind. Auch die Nichtbefolgung einer Entscheidung von Swissmedic wird mit bis zu 50’000 CHF Busse bestraft.

Inhalt

Defekte Produkte machen Schlagzeilen

Unerwünschte Wirkungen von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika (IVDs) sind unvermeidbar. Ein funktionierendes regulatorisches System verlangt jedoch, dass sie durch den klinischen Nutzen aufgewogen werden und vermeidbare Schäden verhindert werden. Die Realität ist jedoch nicht immer so eindeutig und das gesamte regulatorische System wird erst dann infrage gestellt, wenn extreme Gesundheitsrisiken Schlagzeilen machen.

Die Verantwortung des TÜV Rheinland als Benannte Stelle, die gesetzlich zur Überwachung der Konformitätsbewertung von risikoreichen Medizinprodukten verpflichtet ist, wurde im Gesundheitsskandal um die Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) infrage gestellt. Die Benannte Stelle hätte bei der Inspektion des Herstellers die betrügerische Verwendung von nichtmedizinischem Silikon in den Brustimplantaten aufdecken müssen.

Der Fall wurde 2010 aufgedeckt und vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht. Dieser entschied 2017, dass die damals geltende Medizinprodukte-Richtlinie (MDD) den Benannten Stellen keine allgemeine Verpflichtung auferlegte, proaktiv nach Beweisen zu suchen (z.B. Produktprüfungen, unangekündigte Audits und/oder Überprüfung von Geschäftsunterlagen). Nach Ansicht des EuGH konnte eine Benannte Stelle nur dann haftbar gemacht werden, wenn sie Hinweise auf fehlerhafte Produkte oder eine Fehlfunktion seitens des Herstellers hatte und diese ignorierte.

Schliesslich befand ein französisches Gericht im Jahr 2018 den TÜV Rheinland für fahrlässig und verurteilte ihn zur Zahlung von 3’000 Euro vorläufigem Schadensersatz an jede Klägerin – leider nur eine Handvoll der 30’000 betroffenen Frauen in Frankreich. Zu wenig, zu spät. Der Gründer von PIP wurde 2013 zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von 75’000 Euro verurteilt. Der Geschäftsführer, der Leiter der Qualitätskontrolle und der Leiter der Entwicklung von PIP wurden ebenfalls vor Gericht gestellt, erhielten jedoch geringere Strafen.

Ende 2018 veröffentlichte das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten die Studie „Implant Files“, die gravierende Sicherheitsmängel im Zertifizierungsprozess für Implantate und andere Medizinprodukte aufdeckte. In diesem Skandal standen erneut die Benannten Stellen sowie der regulatorische Ansatz der EU im Mittelpunkt der Kritik. Dieser Ansatz basiert auf der Zertifizierung durch private Organisationen, im Gegensatz zu einer nationalen oder supranationalen regulatorischen Behörde wie der EMA für Arzneimittel in der EU oder der FDA in den USA.

In vielen dieser Fälle funktionierte die Überwachung nach dem Inverkehrbringen nicht, da die Spitäler Komplikationen nicht meldeten. Dies wurde durch den im Januar 2018 öffentlich gewordenen Fall rostiger und fehlerhafter Nadeln in Schweizer Spitälern verdeutlicht. Die zuständige Schweizer Behörde Swissmedic leitete Strafverfahren gegen jene Spitäler ein, die die Vorfälle nicht gemeldet hatten, und verhängte Geldstrafen gegen sie.

Die neuen EU-Verordnungen EU-MDR und IVDR, welche die Konformitätsanforderungen für Medizinprodukte und IVD deutlich erhöhen, können als Reaktion der EU-Gesetzgeber auf Compliance-Skandale, wie beispielsweise den PIP-Skandal, angesehen werden. Nach dem PIP-Betrug leitete die EU umgehend Massnahmen ein und forderte die nationalen zuständigen Behörden auf, die Kontrollen der Benannten Stellen zu verschärfen und die Marktüberwachung durch Stichprobenkontrollen zu intensivieren. Diese sind nun gesetzlich vorgeschrieben.

Four people in a cosy office atmosphere sit on armchairs and discuss.

Mangelnde Investitionen in die Konformität können selbst das vielversprechendste Projekt zum Scheitern bringen.

Aus unserer Erfahrung als Beratungsunternehmen für Regulatory Affairs sind die häufigsten Gründe für die Nichteinhaltung durch Hersteller die folgenden:

  • Unzureichende Ressourcen: Veraltete Kenntnisse der Vorschriften, unzureichendes qualifiziertes Personal und/oder fehlende elektronische Lösungen (z.B. für die Überwachung der Vorschriften oder das Datenmanagement) führen zu gravierenden Lücken im regulatorischen Fachwissen. Die Beschaffung und Aktualisierung relevanter regulatorischer Anforderungen ist arbeitsintensiv. Viele Unternehmen zögern, mehr Geld für eine Abteilung auszugeben, die als Innovationshindernis erscheint. Doch mangelnde Investitionen in die Konformität regulatorischer Anforderungen können selbst das vielversprechendste Projekt zum Scheitern bringen.
  • Selbstzufriedenheit: Eine Bilanz erfolgreicher Audits durch Benannte Stellen, die auf mangelhaften Daten und/oder Prozessen basieren, sollte nicht als ausreichend angesehen werden. Selbst bei der verschärften Kontrolle durch die EU-MDR und IVDR decken Audits durch Benannte Stellen selten mehr als die Spitze des Eisbergs auf. Viele Hersteller wissen, dass sie gewisse „Leichen im Keller” haben, lassen sich aber gerne von dem Gefühl der ausreichenden Konformität einlullen, das ein EU-Zertifikat vermittelt. Wenn es zu einer umfassenderen oder spezifischeren Kontrolle durch andere Stellen kommt (z.B. Inspektionen durch zuständige Behörden oder Produkthaftungsansprüche), kann das Ergebnis unangenehm ausfallen.
  • Keine Analyse der Kosten für schlechte Qualität/Sicherheit/Leistung: In der Medtech-Branche herrscht Einigkeit darüber, dass die Konformität mit der EU-MDR und insbesondere der IVDR aufgrund der verschärften Anforderungen und Kontrollen sehr teuer geworden ist. Viele dieser Anforderungen gab es jedoch bereits im früheren Rechtsrahmen, beispielsweise in Form von Leitfäden (wie MEDDEV), nationalen Rechtsvorschriften und Stellungnahmen der zuständigen Behörden. Sie wurden jedoch meist übersehen, da sie nicht ausreichend durchgesetzt wurden. Infolgedessen ist die Lücke, die es zu schliessen gilt, für viele Produkte und Wirtschaftsakteure (z.B. Importeure) nun beträchtlich. Offensichtlich sind die Strafen für Verstösse gegen die Konformität nicht abschreckend genug. Zu denken ist hier an Unternehmen wie Dow Corning, Lipomatrix und PIP, die alle mit Brustimplantaten zu tun hatten und nach massiven Produktrückrufen und Gerichtsverfahren in Konkurs gingen. Weniger extrem, aber ebenfalls verheerend war der Fall von Philips, das 2023 nach dem Rückruf seines Schlafapnoe-Produktes 6000 Mitarbeiter entlassen musste, da es im Jahr 2022 erhebliche finanzielle Verluste verzeichnet hatte.

Regulierung von Medizinprodukten: Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Innovation

Medizinprodukte und IVD spielen eine wesentliche Rolle im Gesundheitswesen. Da Endverbrauchende von Medizinprodukten und IVD Patientinnen und Patienten sind, die an einer Krankheit oder Behinderung leiden, und keine gesunden Verbrauchenden sind, unterliegen diese Produkte einem streng regulierten Rahmen. Alle Medizinprodukte und IVD, die auf den Markt gebracht werden, müssen ihre Sicherheit und Leistungsfähigkeit für den vorgesehenen Zweck nachweisen. Die regulatorischen Auflagen steigen mit dem inhärenten Risiko des Produkts.

In den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), der Türkei und der Schweiz wird die Konformität durch das CE-Kennzeichnungssystem nachgewiesen. Der Ansatz basiert auf einem Konformitätsbewertungsverfahren. Bei Produkten mit mittlerem bis hohem Risiko muss eine Benannte Stelle beteiligt sein. In anderen Rechtsordnungen ist dies anders. Dort überprüft und genehmigt eine nationale Behörde die Zulassung von Medizinprodukten vor dem Inverkehrbringen (z.B. die US-amerikanische FDA).

Weitere Informationen zu den Unterschieden zwischen den Ansätzen der EU und der USA finden Sie unter: Regulatorische Strategie für Medizinprodukte – USA vs. EU.

Innovationen im Medtech zielen unermüdlich darauf ab, die vielversprechendsten technischen und klinischen Entwicklungen zu integrieren. Sie sind damit den Vorschriften oft einen Schritt voraus. Transformative Softwarelösungen haben Einzug in die Medizintechnik gehalten, haben Produkte und Produktionsprozesse verändert und dazu beigetragen, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten sowie die Effizienz der Versorgung zu verbessern.

Neue Technologien wie Nanotechnologie, 3D-Druck und künstliche Intelligenz eröffnen unbegrenzte Möglichkeiten, bringen jedoch auch neue Risiken und Gefahren mit sich. Politik und Gesetzgebung müssen dabei einen schmalen Grat beschreiten – zwischen dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Förderung des technologischen Fortschritts.

Mit der Umsetzung der neuen Verordnungen – die EU-MDR im Mai 2021 und die IVDR im Mai 2022 – versuchte die EU unter anderem, die Vorschriften an den erheblichen technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt anzupassen. Zugleich sollte ein hohes Mass an Patientensicherheit gewährleistet werden. Zwar war eine Anhebung des erforderlichen Niveaus der Konformität notwendig, insbesondere im Vergleich zum Arzneimittelrecht. Doch die unzureichenden Ressourcen für die Umsetzung und Durchsetzung der neuen Vorschriften haben weder für die Industrie noch für die Patienten zu einer Verbesserung geführt.

Die EU-MDR und die IVDR wurden aufgrund übermässiger Bürokratie und hoher Kosten für die Hersteller – insbesondere in der Zusammenarbeit mit Benannten Stellen – heftig kritisiert. Dies führte zur Einstellung von Produkten und zu Innovationshemmnissen in der EU, mit teils alarmierenden Folgen für die öffentliche Gesundheit. Ein grosser Teil des Problems ist jedoch auf die unzureichende Konformität mit früheren Anforderungen zurückzuführen. Viele Hersteller ignorierten diese, solange sie die Zertifizierung nach den alten Richtlinien nicht behinderten.

Die Auswirkungen sind in der Schweiz noch gravierender, da das Land gleichzeitig unter der Aufhebung des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung (MRA) mit der EU leidet. Damit gilt die Schweiz in Bezug auf die EU-MDR und die IVDR als Drittland.

Die Schweizer Gesetzgebung wurde umgehend an die EU-MDR und die IVDR angepasst. Sie musste jedoch schweizspezifische Klauseln einführen, etwa die Verpflichtung zur Ernennung eines Schweizer Bevollmächtigten. Dies stellt für ausländische Hersteller eine zusätzliche Belastung dar.

Nationale Gesetzgebung ergänzt die EU-MDR und IVDR

Da es sich um EU-Verordnungen handelt, müssen die EU-MDR und die IVDR in allen EU-Mitgliedstaaten sowie in der Gesetzgebung von Ländern mit bilateralen Abkommen übernommen werden. Dazu gehören Island, Liechtenstein und Norwegen (über EFTA-Abkommen) sowie die Türkei (über das Zollunionsabkommen).

Darüber hinaus regeln nationale Rechtsvorschriften unter anderem die spezifischen Pflichten der nationalen Behörden und der lokalen Wirtschaftsakteure wie Händler oder Einzelhändler. Auch Angehörige der Gesundheitsberufe, Sanktionen sowie Sprachen für Kennzeichnung und Werbung sind darin festgelegt.

Die zuständigen nationalen Behörden untersuchen Meldungen über nicht konforme Produkte und schwerwiegende Vorkommnisse. Bei einer festgestellten Nichtkonformität kann die Behörde erforderliche Korrekturmassnahmen anordnen.

Die zuständigen nationalen Behörden untersuchen Meldungen über nicht konforme Produkte und schwerwiegende Vorkommnisse.

Obwohl die CE-Kennzeichnung entweder durch die Selbsterklärung des Herstellers – bei Produkten mit geringem Risiko – oder durch die Zertifizierung einer Benannten Stelle erfolgt, haben die zuständigen nationalen Behörden in der EU, im EWR, in der Türkei und in der Schweiz eine Überwachungsfunktion. Diese erfolgt im Rahmen der in der EU-MDR und der IVDR festgelegten Marktüberwachung.

Dies umfasst die Kontrolle der Konformität von Benannten Stellen, Herstellern, Importeuren, Bevollmächtigten und Gesundheitseinrichtungen. Dazu gehören auch Unternehmen, die „Anhang XVI-Produkte“ verkaufen oder verwenden, zum Beispiel Hautfüller, die nun unter die EU-MDR fallen. Die Marktüberwachung schliesst zudem die Entnahme von Proben von Medizinprodukten und IVD ein, die auf dem Markt in Verkehr gebracht werden, um sporadische Kontrollen durchzuführen.

Bei Nichtkonformität kann die Behörde die erforderlichen Korrekturmassnahmen anordnen.

In der Schweiz bilden das Heilmittelgesetz (SR 812.21, HMG), die Medizinprodukteverordnung (SR 812.213, MepV) und die In-vitro-Diagnostika-Verordnung (SR 812.219, IvDV) die relevante regulatorische Grundlage. Diese Gesetzgebung basiert weitgehend auf der EU-MDR und der IVDR, mit nur wenigen schweizerischen Besonderheiten, die nach dem Bruch des MRA mit der EU eingeführt wurden.

Relevante EU-Durchführungs- und delegierte Rechtsakte können übernommen werden, wenn der Schweizer Bundesrat sie für direkt anwendbar erklärt. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich auf technische oder administrative Details beziehen, die laufend und meist kurzfristig geregelt werden. Gemeinsame Spezifikationen werden in der Schweiz rechtswirksam, nachdem sie von Swissmedic bezeichnet und im Bundesblatt veröffentlicht wurden. Zusätzliche spezifische Rechtsvorschriften für klinische Prüfungen in der Schweiz umfassen das Humanforschungsgesetz (SR 810.30, HFG) und die Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten (SR 810.306, KlinV).

Wie stellt Swissmedic die Konformität sicher?

Anders als bei Arzneimitteln müssen Medizinprodukte und IVD nicht vor dem Inverkehrbringen von der Swissmedic genehmigt werden. Die Marktzulassung basiert auf der einseitigen Anerkennung der CE-Kennzeichnung gemäss EU-MDR oder der IVDR. Swissmedic überwacht den Markt durch eine Kombination aus obligatorischen Meldungen, der Bewertung von Vigilanzmeldungen und gezielten Marktüberwachungsaktivitäten.

Obligatorische Meldungen

Für Wirtschaftsakteure verfolgt Swissmedic einen ähnlichen Ansatz wie die EU. In der Schweiz ansässige Hersteller, Bevollmächtigte und Importeure müssen sich über die Datenbank Swissdamed bei Swissmedic registrieren, um eine Schweizer Registrierungsnummer (CHRN) zu erhalten – analog zur Single Registration Number (SRN) der EU. Darüber hinaus müssen sich auch in Liechtenstein ansässige Wirtschaftsakteure bei Swissmedic registrieren. Dies geht auf das Zollabkommen zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein zurück.

Die derzeit im Rahmen des Zollabkommens für Medizinprodukte geltenden Rechtsvorschriften sind die Schweizer MepV (Fassung vom 18. Oktober 2022, Anhang I zum Zollabkommen) sowie die Schweizer IvDV (Fassung vom 18. Oktober 2022, Anhang I zum Zollabkommen). Diese Gesetzgebung wurde am 18. Oktober 2022 überarbeitet. Nach geltendem Recht können Wirtschaftsakteure mit Sitz in Liechtenstein als Hersteller, Importeure, Bevollmächtigte und Händler in der Schweiz tätig sein. Hersteller mit Sitz in Liechtenstein sind daher nicht verpflichtet, einen Schweizer Bevollmächtigten zu benennen.

Für Produkte besteht derzeit keine Verpflichtung, Produkte in der Schweizer Datenbank für Medizinprodukte (Swissdamed) zu registrieren. Das sogenannte UDI-Modul wird voraussichtlich ab 2026 obligatorisch – ähnlich wie das entsprechende Modul von EUDAMED.

Die folgende Tabelle zeigt die einzigen Produkte, die derzeit Swissmedic gemeldet werden müssen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Produkte, die nicht der Aufsicht einer Benannten Stelle unterliegen.

Bewertung von Vigilanzmeldungen

Die Vigilanzmeldepflichten in der Schweiz entsprechen denen in der EU. Angehörige der Gesundheitsberufe und Hersteller – oder deren in der Schweiz zugelassene Vertreter – müssen Swissmedic alle in der Schweiz auftretenden schwerwiegenden Vorkommnisse, Feldsicherheitsmassnahmen (Field Safety Corrective Actions, FSCA) sowie Vigilanz-Trendberichte melden. 

Swissmedic bewertet die übermittelten Informationen, fordert bei Bedarf zusätzliche Angaben (RFAIs) an und kann Korrekturmassnahmen verlangen. Die von Swissmedic gesammelten Vigilanzdaten werden auch zur Priorisierung der Marktüberwachung verwendet. Das bedeutet: Unternehmen, bei denen sich RFAIs oder FSCAs häufen – und die auf eine unzureichende Konformität bei Produkten mit mittlerem bis hohem Risiko hindeuten könnten – werden in der Regel einer genaueren Prüfung unterzogen.

Marktüberwachungsaktivitäten

Swissmedic überwacht den Schweizer Markt aktiv durch Stichproben (Schwerpunktaktionen) und durch Verdachtsmeldungen aus dem Markt. Schwerpunktaktionen dienen in erster Linie dazu, das Bewusstsein für die Pflichten der Wirtschaftsakteure gemäss MepV und IvDV zu schärfen.

Die Themen werden jährlich festgelegt, unter Berücksichtigung von nationalen und internationalen Marktfeedbacks – zum Beispiel Vigilanzfällen –, von Verdachtsmeldungen sowie von wesentlichen Änderungen der regulatorischen Anforderungen.

Seit 2022 hat Swissmedic Schwerpunktaktionen zu den unten aufgeführten Themen durchgeführt.

Detaillierte Zusammenfassungen der Ergebnisse sind auf der Webseite zu den Schwerpunktaktionen von Swissmedic öffentlich zugänglich.

Gezielte Kontrollen von Medizinprodukten können angekündigt oder unangekündigt erfolgen. In solchen Fällen entsendet Swissmedic Inspektoren zum Unternehmensstandort, um Informationen zu sammeln und zu prüfen, ob die Medizinprodukte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Schliesslich können Verdachtsmeldungen per E-Mail an Swissmedic gesendet werden – von jeder Person, die Zweifel an der Konformität eines in der Schweiz oder in Liechtenstein in Verkehr gebrachten Medizinprodukts oder IVD hat. Diese Möglichkeit steht Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen der Gesundheitsberufe offen. Sie wird auch von Wettbewerbern genutzt, die Kenntnis von unlauteren Geschäftspraktiken haben – beispielsweise von irreführender Werbung oder Produkten, die fälschlicherweise nicht als Medizinprodukte eingestuft werden. Swissmedic priorisiert die Meldungen nach Gesundheitsrisiken.

Was sind die Folgen der Inverkehrbringung nicht konformer Medizinprodukte auf dem Schweizer Markt?

Wenn bei einer Inspektion Abweichungen von den gesetzlichen Anforderungen – also Nichtkonformitäten – festgestellt werden, fordert Swissmedic das Unternehmen auf, einen schriftlichen Plan mit Korrektur- und Präventivmassnahmen (CAPA) vorzulegen. Dieser Plan muss die vom Unternehmen durchgeführte Ursachenanalyse sowie die verbindlichen Strategien zur Behebung und vorbeugenden Bekämpfung jeder festgestellten Nichtkonformität beschreiben. Swissmedic prüft den CAPA-Plan und überwacht dessen Umsetzung.

Wenn Swissmedic die im CAPA-Plan beschriebenen Analysen, Ziele und Korrekturmassnahmen für unzureichend hält, wird der Wirtschaftsakteur aufgefordert, weitere Massnahmen zu definieren und umzusetzen. Swissmedic kann zudem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens Massnahmen anordnen, die Sicherheitswarnungen, obligatorische Produktrückrufe oder Verkaufsbeschränkungen für Produkte umfassen können.

Darüber hinaus kann Swissmedic Unternehmen für regulatorische Verstösse mit Geldstrafen belegen oder strafrechtlich verfolgen – entsprechend den Strafen für Straftaten, die in Kapitel 8 des Heilmittelgesetzes (SR 812.21, HMG) festgelegt sind. Die Schwere der Strafen ist bei vorsätzlichen Straftaten oder Vergehen höher und bei Fahrlässigkeit geringer.

Zudem kann jede Person bestraft werden, wenn der Verstoss die menschliche Gesundheit konkret gefährdet. Dasselbe gilt für Personen, die durch ihre gewerbliche Tätigkeit einen hohen Umsatz oder erhebliche Gewinne erzielen. In solchen Fällen ist eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren möglich.

Die Nichtbefolgung einer Entscheidung von Swissmedic wird gemäss Art. 87 Abs. 1 Bst. g des HMG ebenfalls mit einer Geldstrafe von bis zu 50’000 CHF geahndet. Alle Massnahmen, die Swissmedic im Rahmen ihrer Marktüberwachung ergreift, erfolgen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens, das dem Verwaltungsverfahrensgesetz (SR 172.021, VwVG) unterliegt.

Die Entscheidungen von Swissmedic in solchen Verfahren können vom Beklagten angefochten werden. In der Praxis ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass eine Beschwerde gegen eine Entscheidung von Swissmedic innerhalb eines angemessenen Zeitraums Erfolg hat.

Darüber hinaus kann ein durch ein Medizinprodukt verursachter Schaden gemäss dem Produkthaftpflichtgesetz (SR 221.112.944, PrHG) haftungsrechtliche Konsequenzen haben. Wird der Schaden durch ein Medizinprodukt verursacht, das nicht gemäss den gesetzlichen Bestimmungen zertifiziert und hergestellt wurde, ist es für den Hersteller schwierig zu beweisen, dass kein Produktfehler für den Schaden verantwortlich ist.

Das Inverkehrbringen eines Medizinprodukts, das nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht – zum Beispiel weil es fehlerhaft oder falsch gekennzeichnet ist –, kann schwerwiegende Folgen haben. Betroffen sind der Hersteller, aber auch der schweizerische Bevollmächtigte, der gesamtschuldnerisch haftet, sowie der schweizerische Importeur.

Auch das medizinische Fachpersonal und Gesundheitseinrichtungen sind verpflichtet zu prüfen, ob die verwendeten Medizinprodukte ordnungsgemäss zertifiziert sind – insbesondere dann, wenn kein Schweizer Importeur beteiligt ist, wie dies bei Direktverkäufen ausländischer Hersteller der Fall ist. Gesundheitseinrichtungen, die eigene Produkte herstellen und verwenden, unterliegen zusätzlichen Anforderungen gemäss Artikel 9 der MepV oder IvDV. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, verstossen die Einrichtungen gegen ihre Sorgfaltspflicht und machen sich strafbar.

Wie Decomplix helfen kann

Decomplix bietet Beratungsdienstleistungen in allen Fragen der Regulierung und Qualitätssicherung im Zusammenhang mit Medizinprodukten und IVDs.

Wir verfügen über umfangreiche Erfahrung in Fragen der Konformität innerhalb der Lieferketten für Medizinprodukte und können Ihr Unternehmen dabei unterstützen, eine geeignete Lösung für Ihr Qualitätsmanagementsystem zu finden, sowie Ihnen dabei helfen, die Anforderungen der Importeure zu erfüllen und die Konformität auf die effizienteste Weise sicherzustellen.

Darüber hinaus verfügen wir über praktische Erfahrung mit den Inspektionen und Erwartungen von Swissmedic. Wir bieten Readiness-Checks für Schweizer Importeure an und können gezielte Schulungen und gebrauchsfertige Vorlagen für Verfahren, Checklisten und andere Tools für die konforme Platzierung von Medizinprodukten und IVD auf dem Schweizer Markt bereitstellen.

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Dieser Artikel ist eine vollständige Überarbeitung der Fassung vom 29. August 2019. Die Informationen wurden erweitert, um die Prozesse von Swissmedic zur Überprüfung der Konformität detailliert zu beschreiben.

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